Leistenschmerz / Schambeinentzündung
Kaum eine Erkrankung im Spitzensport stellt eine medizinische Abteilung vor eine größere Herausforderung als Beschwerden der Leiste beziehungsweise des Schambeins. Insbesondere Sportarten mit vielen Richtungswechseln sowie Scher- und Drehbewegungen wie zum Beispiel beim Basketball (Einbeinstand/Landung auf einem Bein) zeigen ein erhöhtes Risiko.
Die Gründe sind multifaktoriell. Außer einer Überbelastung gelten vor allem zu geringes sportartspezifisches Training, muskuläre Dysbalancen und Bewegungseinschränkungen der Hüfte und des Kniegelenks als Risikofaktoren. Des Weiteren führen zunehmende Trainingsintensität bei Jugendlichen im Übergang zum Seniorenbereich und Instabilitäten, Fehlhaltungen der Wirbelsäule zur Ausbildung einer Schambeinastreizung. Hier sind im Speziellen das Wirbelgleiten, skoliotische Achsabweichungen der Wirbelsäule und statische Fehlhaltungen im Bereich des Beckens zu nennen.
Der Beginn der sogenannten Symphysitis ist meist schleichend. Es fehlt ein adäquates Trauma. Häufig werden zur Verminderung der Beschwerden Schmerzmittel eingenommen, was allerdings einen die Erkrankung kaschierenden Effekt hat Problematisch ist, dass der Leistenschmerz aufgrund der komplexen anatomischen Begebenheiten vielerlei Ursachen haben kann. Somit müssen Pathologien in der Hüfte, Wirbelsäule sowie der Sehnen und Muskeln ausgeschlossen werden. Diagnostisch sollte hier, außer einer ausführlichen klinischen Untersuchung, eine Kernspintomografie (MRT) durchgeführt werden.
Hier zeigt sich klassischerweise ein Ödem im Schambeinast. Das Ausmaß des Ödems gibt allerdings keinen Hinweis auf die vorhandene Schmerzintensität. So zeigen sich hier auch Ödeme bei MRT-Untersuchungen wegen anderer Erkrankungen im Bereich der Hüfte, ohne dass der Athlet Beschwerden angibt Therapeutisch sollte zunächst eine Sportkarenz erfolgen, insbesondere die den Schmerz auslösenden Übungen sollten zunächst nicht mehr durchgeführt werden.
Zum Erhalt der Kondition dürfen aktive Trainingstherapien durchgeführt werden, die den Schmerz nicht auslösen. Es erfolgt eine aktive und passive physiotherapeutische Therapie (unter anderem Querfriktionen, Dehnungsübungen) gegebenenfalls mit osteopathischen Therapieansätzen. Insbesondere in Abhängigkeit der vorhandenen Defizite sollten Koordinationsübungen zur Stabilisierung der beckenumgebenden Muskulatur angeleitet werden. Aus ärztlicher Sicht können zusätzlich eine Stoßwellentherapie und Injektionen mit regenerationsfördernden Mitteln wie zum Beispiel Traumeel und Lokalanästhetika erfolgen. Injektionen mit Glucose erscheinen ebenso vielversprechend. Operative Therapien sind in den seltensten Fällen notwendig und sollten erst nach ausführlicher konservativer Therapie durchgeführt werden, da auch hier die Ergebnisse nicht immer positiv sind.
DBB-Teamarzt Oliver Pütz, DBB Journal 55, 03/2017